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Museum Ludwig

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Joachim Brohm, Ruhrlandschaften, 1981-83
27.06.2020 - 27.09.2020

Ausstellung

Beschreibung

2006 erwarb das Museum Ludwig aus der Serie Ruhrlandschaften von Joachim Brohm (*1955) elf Arbeiten, die er zwischen 1981 und 1983 aufgenommen hat. Ab dem 27. Juni 2020 zeigt das Museum Ludwig diese Aufnahmen in einer Präsentation im Fotoraum. Ergänzt wird die Präsentation durch dreißig Fotografien aus dem Konvolut Areal, das im Zeitraum von 1992 und 2002 entstanden ist und erstmals im Museum Ludwig ausgestellt wird.

Die Fotoserie Ruhrlandschaften eröffnet einen besonderen Blick auf die Umbruchszeit des Ruhrgebietes um 1980: Wirtschaftskrise und ein umfassender, durch den Abbau der Schwerindustrie eingeleiteter Strukturwandel hatten in der Gesellschaft ebenso wie in der Industrielandschaft Spuren hinterlassen. Von den vielen Aufnahmen des Ruhrgebiets, die zeitgleich entstanden und die Region mit ihren Menschen und dem Alltagsleben gleichsam fotografisch kartierten, unterscheiden sich Brohms Farbfotografien deutlich. Häufig aus großer Distanz aufgenommen, zeigen sie einen weiten Blick in eine entleerte Landschaft, in der die Details bedeutsam werden. Dazu gehört auch, dass die Menschen sich in den ehemals industriell genutzten und nun zum neuen Gebrauch freigewordenen Landschaften eingerichtet haben.
Die Fotografie Essen 1982 zeigt zum Beispiel eine beschauliche Winterlandschaft. Schlittschuhfahrer haben sich auf dem Eis des zugefrorenen Sees versammelt und genießen den kalten Wintertag. Sie befinden sich in zufälliger Anordnung in der weiten Landschaft. Der erhöhte Blickpunkt lässt sie miniaturhaft aussehen. Der zugefrorene Teich scheint sich in einem Zwischenstadium von Natur und Kultur wie auch in einem Niemandsland zwischen den mehr und mehr zusammenwachsenden Städten zu befinden. Auch die Fotografie Bochum 1983 zeigt einen solchen Zwischenzustand. Wieder ist von einem erhöhten Standort aus alles gleichermaßen in den Blick genommen, gleichgültig, ob es sich um grillende Menschen in Badeanzügen, Zelte oder bunte, parkende Autos handelt. Die Menschen haben sich die Landschaft angeeignet. Sie zeigt überall Spuren ihrer Eingriffe. Ein Graben ist gezogen, Erde aufgeworfen, neue Bäume sind an der Ruhr gepflanzt, die begradigt und in ein Betonbett gefasst ist. Brohm führt dieses Zwischenstadium von Natur und Kultur mit solcher Bestimmtheit vor, dass sich die Unbestimmtheit der Landschaft als neuer Imaginationsraum zu öffnen vermag. Die Gegenden ohne Geschichte und die gesichtslosen Orte sind in den weiten Landschaftsfotografien ausgebreitet – offen für und wartend auf neue Inbesitznahme. Auf diese Weise macht die Fotografie Essen 1982 mit den Schlittschuhfahrern auf dem zugefrorenen See die Gelassenheit eines nicht durch ökonomischen Sinn und Zweck überformten Ortes sichtbar, so dass sich auch Brohms Winterlandschaft in einem eigentümlich paradiesischen Zustand befindet.
Brohm, der 1977 bis 1983 Visuelle Kommunikation an der Folkwangschule in Essen studierte, sah in diesen Motiven „die Verbindung von Freizeitangebot und Freizeitindus-trie“ dokumentiert. Ihn inspirierte damals die neue amerikanische Dokumentar-fotografie, die nicht mehr heroische Metropolen oder erhabene Naturlandschaften, sondern Tankstellen, Parkplätze, Vorstadtsiedlungen, Motels und Gewerbeparks in einer vom Menschen veränderten Naturlandschaft fotografierte. New Topographics. Photographs of a Man-Altered Landscape hieß eine bahnbrechende Ausstellung, die 1975 einen Überblick über diese Dokumentarfotografie gab. Beeinflusst von William Egglestons Umgang mit der Farbfotografie begann er bereits 1978 noch während des Studiums dokumentarische Farbfotografien herzustellen und dabei den gesamten fotografischen Prozess zu kontrollieren. Motivwahl und die Entscheidung für die Farbfotografie waren um 1980 in der westdeutschen Doku-mentarfotografie jenseits des Kunstkontextes noch ungewöhnlich. Erst um 2000, als in der Kunst das Dokumentarische entdeckt wurde, erhielten auch die Ruhrlandschaften größere Beachtung. In der Serie Ruhrlandschaften zeigt Brohm schon sehr früh seine eigenständige fotografische Haltung, mit der er jenseits der verbreiteten stereotypen Darstellungen des Ruhrgebietes einen neuen Blick auf die Region zu öffnen vermag.
Bei der Arbeit Areal, die zwischen 1992 und 2002 entstand, handelt es sich ebenfalls um ein Langzeitprojekt. Als der Wegzug eines großen Handelsunternehmens für Baustoffe von dem 90.000 qm² großen Gelände in München feststeht, und es bereits von unterschiedlichsten Firmen zwischengenutzt wird, beginnt Joachim Brohm in Farbe mit einer Kleinbildkamera ohne Blitzlicht zu fotografieren. Ihm geht es nicht um eine systematische Dokumentation des Ortes, ihn interessieren vielmehr die vielfältigen Spuren, die die unterschiedliche Nutzung in der Zeit hinterlassen hatten. Verwüstete Büros, Lagerhallen aus Wellblech oder Holzverschlägen, Ölcontainer, Bauwagen, Autowaschanlage und -friedhöfe – alle diese alltäglichen Ansichten dienen Brohm zur Entdeckung eigener überraschender Farbkombinationen, -muster und -strukturen. Die zufälligen Konstellationen der unterschiedlichen Materialien und ihrer Patina der Vergänglichkeit werden durch die von Brohm gewählten Bildausschnitte zu eigenständigen Kompositionen. Auf diese Weise eröffnet Brohm in jeder Aufnahme einen eigenen Kosmos, der die Welt als eine im Übergang entdecken lässt.

Link zur Ausstellung:

www.museum-ludwig.de

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